Grüne Winawitzbirne: Streuobstsorte des Jahres 2014

Ein Artikel von Dr. Siegfried Bernkopf, ARGE Streuobst | 18.09.2014 - 09:54
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Grüne Winawitzbirne - Streuobstsorte des Jahres 2014 © ARGE Streuobst

Im Jahr 2008 war es die Schmidberger Renette, 2011 der Lütticher Rambour und 2013 der Steirische Maschanzker. 2014 ist die Wahl der Streuobstsorte des Jahres auf die Grüne Winawitzbirne gefallen.

Die ARGE Streuobst vergibt jedes Jahr dieses Prädikat an eine Obstsorte, wobei das Auswahlkriterium entweder eine hervorstechende Sorteneigenschaft, eine außergewöhnliche Seltenheit oder Schutzwürdigkeit oder ein aktueller themenspezifischer Anlass sein können.

Bei der Grünen Winawitzbirne treffen einige dieser Kriterien zusammen, wobei der interessanteste Aspekt dabei die Geschichte und Herkunft ist – die bis dato nicht geklärt sind.

Rätsel um die Grüne Winawitzbirne

Wann, wie und wo diese heute vor allem in Oberösterreich weit verbreitete Sorte entstanden ist, kann trotz intensiver Literaturrecherchen nicht beantwortet werden. Aufgrund von Altersangaben einiger um 1950 in Oberösterreich existenter Bäume ist gesichert, dass es sie bereits um 1820 gegeben hat. Der oberösterreichische Pomologe Josef Schmidberger vom Stift St. Florian hat 1824 eine „Grüne Binnewitzbirne“ beschrieben, die bei genauerem Studium mit unserer „Grünen Winawitzbirne“ nicht identisch ist.

Der Pomologe Joseph Runkel vom Stift Kremsmünster führte in seiner Baumschulliste des Jahres 1867 eine „Winowizbirn“. Der niederösterreichische Pomologe Wilhelm Schleicher, der am Weyerhof zu Gresten eine Obstsortenversuchsanlage mit Schwerpunkt der Mostbirnen betrieb, erwähnte 1887 erstmals den Namen „Grüne Winawitzbirne“ und gab an, die Reiser von Runkel in Kremsmünster erhalten zu haben. Schleicher holte sich nicht nur aus Oberösterreich viele Mostbirnensorten, sondern auch aus der Schweiz, Baden-Württemberg und Frankreich.

Im Sommer 2012 entdeckte der Pomologe Dr. Siegfried Bernkopf in der Obstgenbank im Jardin du Luxembourg in Paris ein Baum mit dem Schild „Verte de Winawitz“ („Grüne von Winawitz“). Die Sortenbeschreibung wies eine Ähnlichkeit mit der Grünen Winawitzbirne auf. Es wird dort weiters erwähnt, dass die Sorte aus Oberösterreich stammt. Die Sorte könnte im Zuge eines Edelreiseraustausches um etwa 1890 nach Frankreich gekommen sein. Ob die beiden Sorten identisch sind, bedarf allerdings noch einer weiteren Prüfung.

Für Oberösterreich typisch

Die Grüne Winawitzbirne hat heute neben dem Schwerpunkt Oberösterreich eine gewisse Verbreitung im niederösterreichischen Mostviertel, in der Obersteiermark (Bezirk Liezen) und in geringerem Ausmaß im östlichen Teil Salzburgs, in Vorarlberg und Kärnten.Was den Namen „Winawitz“ betrifft, so könnte sich dieser ableiten von den Familiennamen Wieniewitz bzw. Winiewicz oder z.B. von den Ortsnamen Pinowitz (Pinovice, Tschechien), Binnewitz (bei Bautzen, Sachsen) oder Vinovac (Kroatien).

Die Früchte der Grünen Winawitzbirne sind sehr saftig, herbsäuerlich-süß und können ab Ende September bis Anfang Oktober geerntet werden.