Baum des Jahres: Doppelt hält besser

Ein Artikel von Renate Stoiber | 22.04.2024 - 14:03
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Die Stieleiche (Quercus robur) ist die in Mitteleuropa am weitesten verbreitete Eichenart © Peter Turner Photography/Shutterstock.com

In Österreich gibt es vier verschiedene Eichenarten: Stiel-, Trauben, Flaum- und Zerr-Eiche. Da sich die beiden ersteren Arten sehr ähnlich sind, hat der Verein Kuratorium Wald 2024 beschlossen einfach beide Eichen zum „Baum des Jahres“ zu ernennen. Sowohl Stiel- als auch Traubeneiche sind in ganz Mitteleuropa bedeutende Gehölze und spielen seit langem eine große Rolle für den Menschen, denn das Holz beider Arten hat eine große Beständigkeit, Festigkeit und Dichte.

Das macht es bis heute zu einem der wichtigsten und wertvollsten europäischen Edellaubhölzern und bringt umfassende Möglichkeiten der Verwendung mit sich. Dazu zählt der Möbelbau und Brückenbau genauso wie Schnitzerei und Drechslerei oder die Verwendung als Furnierholz, Fass- und Pfahlholz sowie Bau- und Konstruktionsholz. Früher bildete ihre Rinde und durch die Eiablage von Gallwespen entstehende Galläpfel eine wichtige Grundlage in der Gerberei bzw. zur Farb- und Tintenherstellung. Die Eicheln waren historisch wichtig in der Schweinemast und sind jetzt noch Nahrung für viele wildlebenden Tiere.

Ähnlich und doch nicht gleich

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Die Anordung der kurzstieligen Früchte gibt der Traubeneiche (Quercus petraea). ihren Namen © Hartmut Goldhahn/Shutterstock.com

So ähnlich sich Stiel- (Quercus robur) und Traubeneiche (Quercus petraea) auch sind – beide tiefwurzelnden Laubbäume mit den typisch gelappten Blättern werden zwischen 20 und 40 Meter hoch und bis zu 1.000 Jahre alt – haben sie doch auch Unterschiede. So sind die Früchte der Stieleiche deutlich gestielt (daher der Name!) während die Früchte ihrer Schwesterart nur kurze Stiele ausbilden und in kleinen Gruppen (Trauben!) wachsen. Auch ihre Ansprüche an den Standort unterscheiden sich deutlich: Die Traubeneiche bevorzugt warme Becken- oder Hügellagen und ist schattentoleranter, man findet sie daher in Österreich in der kollinen bis submontanen Höhenstufe bis ca. 500 oder 700m. Sie hat nur geringe Bodenansprüche (Nährstoffe, pH-Wert) und kann unterschiedliche Bodenarten wie Sand, Schluff und Ton durchwurzeln, verträgt aber Grund- und Stauwasser nicht.

Das beeinträchtigt die Stieleiche hingegen nicht – sie kann auch an sogenannten „Zwangsstandorten“ vorkommen und eine kurzzeitige Überstauung des Bodens verkraften –, stellt dafür aber höhere Ansprüche an die Nährstoffversorgung. Sie kommt in thermisch begünstigten Lagen bis in eine Höhe von 1.000m vor. Durch ihre Frosthärte reicht ihr Verbreitungsgebiet bis Südskandinavien und Mittelrussland. Bekannt ist die Stieleiche auch durch ihre Symbiose mit Mykorrhizapilzen wie z.B. echten Trüffeln (Tuber melanosporum, Tuber magnatum).

Die physiologische Fähigkeit der Eichen sich nach Trockenstress schneller zu erholen als andere Baumarten, kann ihnen im Zuge des Klimawandels einen Vorteil geben. Sie können von der Schwächung ihrer Konkurrenzbaumarten profitieren und mehr Standorte besiedeln. Dabei kann die Traubeneiche sich in Buchenstandorte verbreiten während die Stieleiche wohl die schweren, vernässten Böden an Tannenstandorten einnimmt. Durch ihre tiefen Wurzeln sind die beiden Eichenarten sehr sturmfest – auch das ein Vorteil bei zunehmenden Extremwetterlagen.

Zum Tag des Baumes am 25. April präsentiert der Verein Kuratorium Wald auf seiner Webseite interessante Informationen zu den beiden Gekürten. Dort finden Sie auch die vorangegangenen Prämierten wie Eberesche (2023), Rotföhre (2022) oder Linde (2021).