Wettervorhersagen sind ein beliebtes Gesprächsthema – ob beim Plausch im Garten oder im Alltag zwischen Gartenschlauch und Grillrost. Doch so genau Satellitenbilder und Wettermodelle auch sein mögen: Die beste Prognose liegt oft direkt vor unserer Nase – in Form von Pflanzen, die auf Wetterumschwünge feinfühliger reagieren als jeder Algorithmus. Sie verschließen ihre Blüten, verströmen plötzlich intensive Düfte oder verändern ihre Gestalt. Naturkundler sprechen daher nicht ohne Grund von „Wetterpflanzen“.
Viele Pflanzen zeigen mit überraschender Präzision an, ob Regen bevorsteht oder die Sonne scheinen wird. Gänseblümchen, Löwenzahn und Ringelblume etwa schließen ihre Blüten, sobald Feuchtigkeit oder trübes Wetter naht. Öffnen sie sich weit und leuchten in voller Pracht, darf man auf trockene Stunden hoffen. Nicht aus meteorologischen Gründen, sondern weil sie ihre Bestäuber nur bei schönem Wetter erwarten – und ihnen ein geschlossenes Blütenkleid dann schlicht Energie spart.
Eine der traditionsreichsten Pflanzen mit meteorologischem Ruf ist die Silberdistel (Carlina acaulis), im Volksmund auch Wetterdistel oder Sonnenblume genannt. Ihre silbrig schimmernden Hüllblätter reagieren besonders empfindlich auf Luftfeuchtigkeit: Bleiben sie offen, darf man sich beruhigt vom Regenschirm trennen. Klappen sie zusammen, ist mit Niederschlag zu rechnen. Dieser Effekt entsteht, weil die Blätter auf ihrer Unterseite mehr Feuchtigkeit aufnehmen als auf der Oberseite – sie wölben sich und schließen so den stacheligen Korb.
Zwischen Duftwolken und Schnabelbarometern
Doch nicht nur das Sichtbare gibt Auskunft über das Wetter. Auch der Geruchssinn kann als Frühwarnsystem dienen: So verströmen viele duftende Pflanzen wie Waldmeister, Heu oder die Blüten der Linde auffällig intensive Aromen, wenn eine Regenfront im Anmarsch ist. Ursache sind flüchtige Aromastoffe, die bei erhöhter Luftfeuchtigkeit vermehrt abgegeben werden. Wer jemals durch einen warmen Sommerwald mit würzigem Waldmeisterteppich spazierte, weiß: Solche Duftwolken kündigen selten Trockenheit an.
Auch erstaunlich feinfühlig: der Storchschnabel. Seine langen, borstigen Fruchtfortsätze reagieren auf Feuchtigkeit, indem sie sich winden und bewegen – ein Phänomen, das sich Menschen früherer Jahrhunderte zunutze machten: Steckte man eine dieser Früchte in eine Pappscheibe, konnte man anhand ihrer Bewegungen den Wetterwechsel ablesen.
Waldorakel und Gewittergras
Der Volksmund kennt noch viele weitere florale Wetterboten: Die Königskerze etwa sollte je nach Richtung ihrer Blütenstandneigung das Wetter der kommenden Tage ankündigen. Und der Frauenmantel, in dessen Blättern sich bei hoher Luftfeuchtigkeit silberne Wassertropfen sammeln, ist fast schon ein poetischer Wetteranzeiger. Ähnlich funktioniert das sogenannte Gewittergras: Fehlt der Morgentau, kündigt sich schlechtes Wetter an – denn Tau bildet sich nur in klaren Nächten bei ausreichend starker Abkühlung.
Die Natur liefert also längst, was wir heute mühselig auf dem Smartphone nachschlagen. Vielleicht sollten wir öfter den Blick senken – auf die Wiese, die Blüten und das Gras vor unseren Füßen. Sie kennen das Wetter manchmal besser als der Wetterdienst.
Die 7 wichtigsten Wetterpflanzen
Deutscher Name |
Botanischer Name |
Wetteranzeige / Besonderheit |
Gänseblümchen | Bellis perennis | Schließt Blüten bei feuchtem, trübem Wetter |
Ringelblume | Calendula officinalis | Blüten bleiben bei schlechtem Wetter geschlossen |
Silberdistel (Wetterdistel) | Carlina acaulis | Blüten schließen sich bei hoher Luftfeuchtigkeit / Regenwarnung |
Acker-Gauchheil | Anagallis arvensis | Blüten schließen sich zuverlässig bei Wetterverschlechterung |
Storchschnabel | Geranium robertianum | Fruchtfortsatz reagiert auf Feuchtigkeit – „biologisches Barometer“ |
Frauenmantel | Alchemilla vulgaris | Große Wassertropfen im Blatt deuten auf feuchte Luft und Regen hin |
Königskerze | Verbascum thapsus | Neigung des Blütenstandes zeigt Wetter an / Dichte Blüten = harter Winter |