Gläserne Aussichten im Wintergarten

Ein Artikel von Kristina Kugler | 03.09.2025 - 08:39
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Bewahren Sie den Durchblick bei diesen vielen Anforderungen! Doch ohne Glas gäbe es keinen Wintergarten. Wenn die Sonnenstrahlen den Raum durchfluten und der Blick nahezu ungehindert in den angrenzenden Garten schweifen kann, merken wir die Scheiben nicht einmal. Dabei ist Glas neben der Tragwerkskonstruktion der wichtigste Baustoff im Wintergarten. Und er ist ein erheblicher Kostenfaktor. Grund genug, sich mit dem amorphen Festkörper, der aus einer anorganischen, glut­flüssigen Schmelze ohne Kristallisation ­erstarrt ist, näher zu beschäftigen.

Von Butzenscheiben zum Hightech-Glas
Glas ist einer der ältesten Werkstoffe, wir verwenden ihn schon seit tausenden von Jahren. Sogar die alten Römer hatten bereits gläserne Gewächshäuser. Butzengläser kamen im Mittelalter auf und können manchmal noch in alten Kirchen bestaunt werden. Aus den ursprünglich dicken, unregelmäßigen Scheiben ist heute ein Hightech-Produkt geworden, das eine Vielzahl von unterschiedlichen ­Eigenschaften hat und zahlreiche Anforderungen erfüllt.

Wie ein Wintermantel
Wenn draußen der eisige Wind um die Mauern pfeift oder der Schnee leise zu Boden rieselt, können wir das ungemütliche Treiben, von der Kälte gänzlich unbehelligt, beobachten. Vorausgesetzt, wir sitzen im Wintergarten hinter Fensterscheiben mit Isolierglas. Was bei einem beheizbaren Glashaus zu erwarten ist. Denn seit den 1960er Jahren ist beim Fenster- und Fassadenbau die Verglasung mit Isolierglas marktüblicher Standard. Dieses spezielle Glas besteht aus 2 oder manchmal auch 3 Glasscheiben, die zusammen mit einem Abstandhalter und einem Dichtstoff in einem festen Verbund zusammengefügt sind. In dem Zwischenraum befindet sich ein Füllgas, das aus Luft oder einem Luft-Edelgas-Gemisch besteht. Da dieses Gas ein schlechter Wärmeleiter ist, sorgt der Glasverbund für Isolation, wobei die Füllung mit Edelgas (meist Krypton oder Argon) eine bessere Wärmedämmung bewirkt. Je größer der Abstand zwischen den Scheiben, desto besser die Isolation. Bis zu einem gewissen Punkt, an dem die Wärmedämmung wieder abnimmt. Es hat sich gezeigt, dass ein 16 mm breiter Scheibenzwischenraum eine optimale Isolation gewährleistet. Zusätzlich sorgt eine Low-E-Beschichtung („low emissivity“ = geringes Emissionsvermögen) der Scheiben für eine Reflexion der Infrarot-Wärmestrahlung zurück in den Wohnraum. Wie gut ein Isolierglas Wärmeverluste nach außen verringern kann, darüber gibt der Ug-Wert Auskunft. Je niedriger diese Kennzahl, desto besser die Isolierung. Für Zweifachverglasung gilt ein Maximalwert von 1,00 W / m2K, für Dreifachverglasung 0,60 W / m2K. Eine zweite wichtige Kennzahl ist der g-Wert. Dieser gibt an, wie viel Sonnenenergie von außen nach innen gelangt. Ein höherer Wert bedeutet ­weniger heizen, wenn die Sonne auf den ­Wintergarten scheint. Achten Sie bei Dreifachverglasungen auf einen g-Wert von mindestens 52 % und mindestens 60 % bei Zweifachverglasungen. Bei Fenster, die nach Norden ausgerichtet sind und nie in den Genuss von Sonnenlicht gelangen, spielt ein hoher ­g-Wert natürlich eine untergeordnete Rolle.

Keine Chance für Fußbälle und Einbrecher
Große Glasfronten haben eine magische Anziehungskraft auf herumfliegende Fußbälle und natürlich auch potenzielle Einbrecher. Und große Hagelkörner sind der natürliche Feind von Glasdächern. Bei Terrassen- oder Balkonverglasungen, Duschkabinen und Autoseitenscheiben kommt Einscheibensicherheitsglas zum Einsatz. Dieses Glas erhält seine erhöhte Stoß- und Schlagfestigkeit sowie seine größere Temperaturwechselbeständigkeit und Biegebelastbarkeit durch thermische Vorspannung: Die bereits fertig zugeschnittenen und bearbeiteten Glasscheiben werden auf etwa 630 °C (bei dieser Temperatur wird Glas weich) erhitzt und danach schlagartig durch ein Kaltluftgebläse wieder abgekühlt. Aufgrund des Abschreckens bleibt der innere Kern länger warm – Zugspannung entsteht. Außen auf der Glasoberfläche bewirkt das Abkühlen dagegen Druckspannung. Sollte Einscheibensicherheitsglas dennoch brechen, zerfällt die Scheibe durch die Zugspannung im Inneren sofort in tausende kleine „Glaskrümel“ mit stumpfen Kanten. Das Verletzungsrisiko durch diese winzigen Glasscherben ist äußerst gering.

Für Wintergärten braucht es üblicherweise neben der Wärmedämmung zusätzlich einen Durchbruchs- und / oder Einbruchsschutz. Diese Eigenschaften vereinigt Verbund­sicherheitsglas. Schutz gewährt eine besonders zähe und reißfeste Folie aus Polyvinylbutyral oder Ethylenvinylacetat. Die Kunststofffolie befindet sich zwischen 2 Glasscheiben und geht mit diesen einen dauerhaften Verbund ein. Im Fall von Glasbruch bleiben die Scherben vollständig an der Folie hängen. Die Scheibe behält ihre ursprüng­liche Form bei und bietet weiterhin einen gewissen Schutz. Selbst ein Einbrecher vermag sich über ein Verbundsicherheitsglas nur mit enormem Kraftaufwand und einer dementsprechenden Lärmentwicklung Zutritt zum Haus zu verschaffen.

Klarer Durchblick ohne Fensterputzen?
Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Fakt ist aber, dass selbstreinigendes Glas tatsächlich im optimalen Fall nur halb so viel Reinigungsaufwand benötigt wie herkömmliche Fensterscheiben. Das Geheimnis liegt in der nicht sichtbaren Beschichtung des Glases mit winzigsten Titandioxid-Teilchen (Nanopartikeln). Durch die UV-Strahlung des Tageslichts entsteht an der Beschichtung aktiver Sauerstoff, der organische Verschmutzungen wie z. B. Blätter, Vogelkot oder Blütenstaub löst und ihre Haftung zum Glas herabsetzt. Weiters verringert die Titandioxid-Schicht die Oberflächenspannung des Wassers. Anstatt Tröpfchen zu bilden, verteilt sich Wasser zu einem gleichmäßigen Film auf der Scheibe. Durch diese „hydrophile“ ­Eigenschaft kann der Regen den bereits gelösten Schmutz einfach abspülen. Die Selbstreinigungskraft funktioniert somit nur in Verbindung von UV-Strahlung und Wasser. Sollte es einige Zeit lang nicht regnen, können Sie die Fenster selbstverständlich einfach mit dem Gartenschlauch abspülen – der Effekt ist der gleiche. Obwohl selbstreinigendes Glas etwa 15 bis 20 % teurer als herkömmliches Wärmedämmglas ist, zahlt sich die Investition gerade bei großen und schwierig zu reinigenden Glasflächen aus. Nicht zuletzt das verminderte Risiko, beim Fensterputzen von der Leiter zu stürzen, spricht für dieses Hightech-Produkt.

Gläserner Sonnenschutz
Im Winter heißen wir die Sonne willkommen. Im Sommer verwandelt der glühende Himmelskörper unseren Wintergarten in einen Backofen, sofern wir nicht für eine geeignete Beschattung sorgen. Jalousien, Rollläden, Markisen und Vorhänge sind eine Möglichkeit, elektrochrome Sonnenschutzgläser eine andere. Per Knopfdruck lassen sich die Spezialgläser stufenlos verdunkeln, ohne aber die Durchsicht zu beeinträchtigen. Verantwortlich dafür ist eine dünne Lithiumionen-leitfähige Polymerfolie zwischen 2 Glasscheiben, die sich bei Anlegen einer elektrischen Spannung von maximal 3 Volt blau verfärbt und so die Licht- und Gesamtenergiedurchlässigkeit der Verglasung herabsetzt. Aufgrund der Beschichtung gelangen bei maximaler Verdunkelung etwa 30 % weniger Licht bzw. um ca. 1/4 weniger Gesamtenergie durch das Glas. Es ist möglich, die Einfärbung automatisch mit Hilfe von Licht- und Temperatursensoren zu steuern. Somit herrscht im optimalen Fall immer eine Wohlfühl-Temperatur im Wintergarten. Natürlich können Sie die Verdunkelung auch händisch einstellen. Beachten Sie dabei aber, dass das vollständige Umfärben je nach Scheibentemperatur (je wärmer, desto schneller) einige Zeit braucht: Bei einer Scheibengröße von 2,5 m2 und 20 °C Scheibentemperatur dauert der Prozess mindestens 20 Minuten.

Auf die Kombination kommt es an
Am besten sollte das Glas ja alle genannten Eigenschaften in sich vereinen: optimale Isolierung plus Sicherheit, Selbstreinigung und Sonnenschutz. Führt neben dem Wintergarten auch noch eine viel befahrene Straße vorbei, sollte ein Schallschutz natürlich auch nicht fehlen. In diesem Fall befindet sich im Scheibenzwischenraum reines Argon als Füllgas. Alle Kombinationen sind möglich, es ist nur eine Frage der Notwendigkeit und der Kosten, ob Sie solch ein Glas-„Wunderwuzzi“ tatsächlich einsetzen.