Tote Äste am Marillenbaum

Ein Artikel von Gerald Stiptschitsch | 30.04.2019 - 08:05

In letzter Zeit fallen vermehrt Marillenbäume mit zahlreichen abgestorbenen bzw. vertrockneten Ästen auf – sowohl ganze Astpartien als auch Kurztriebe sind davon betroffen.

Was ist passiert?

Grund dafür ist die kalt-feuchte Witterung, die zeitgleich mit der Marillenblüte aufgetreten ist und zur Monilia-Spitzendürre geführt hat. Bei genauer Betrachtung sieht man vereinzelt auch einen gummiartigen Saftaustrieb an den Ästen – Gummifluss, der in diesem Fall die Folge der Spitzendürre ist.

Was ist die Spitzendürre?

Die Spitzendürre (Monilia laxa) ist ein Pilz, der alle Steinobstsorten (Kirschen, Zwetschken, Nektarinen, Pfirsich), geringer auch die Kernobstarten, befallen kann. Er tritt gleich nach der Blüte auf, die Blüten werden rasch braun, fallen ab und es bilden sich keine Früchte. Kurz darauf stirbt auch der Zweig oder Ast ab. An der Grenze zum gesunden Astteil kann es dann zum Gummifluss kommen.

Der Pilz überwintert mit seinen Sporen in den befallenen und am Baum hängengebliebenen Blütenbüscheln, Zweigpartien sowie Fruchtmumien und bildet zeitig im Frühjahr massenhaft Sporen, die durch Wind, Regen und Insekten (allen voran Bienen) verbreiteten werden. Sobald sich die Blüten öffnen, dringen die Sporen über die Blüten in die Pflanze ein, sondern ein Gift ab und bringen den Ast schließlich zum Absterben. Ein Befall verschlimmert sich bei Feuchtigkeit und kühleren Temperaturen, wodurch die Blüten länger geöffnet bleiben.

IMG_4959.jpg

Selbst Spalierbäume, die geschützter stehen, sind durch die im Frühjahr stattgefundene feucht-kalte Witterung betroffen © Gerald Stiptschitsch

Was kann ich jetzt noch tun?

IMG_4961.jpg

Bei größeren Bäumen ist es schwierig, sämtliche Astpartien zu erreichen, auf jeden Fall ist eine Spritzung gegen den Pilzbefall zu empfehlen © Gerald Stiptschitsch

Streng genommen gibt es jetzt keine wirkliche Maßnahme mehr, um die Krankheit zu beseitigen. Im schlimmsten Fall kann der Baum sogar absterben. So weit muss es aber nicht kommen! Einige Pflegemaßnahmen können den Baum stärken und damit die Krankheit in Schach halten.

Als erstes sollten Sie rasch die befallenen Astpartien, Zweige oder Aststummel mit einer scharfen Schere abschneiden (Schnittgut entsorgen und nicht kompostieren!). Selbst wenn beim Steinobst der beste Schnittzeitpunkt nach der Ernte im Sommer erfolgen sollte, ist jetzt nicht zu zögern. Dabei sollten Sie die abgestorbenen Zweige bis etwa 5 bis 10 cm ins gesunde Holz schneiden, auch den evtl. vorhandenen Gummifluss entfernen. Dabei ist es wichtig, die Klingen der Schere immer wieder mit Alkohol, etwa Spiritus, zu desinfizieren.

Auch wenn Sie biologisch gärtnern, ist jetzt ein Einsatz eines Fungizids überlegenswert. Bewährt hat sich beispielsweise „Neovit Pilzstopp“ von Kwizda, das speziell für die Verwendung im Haus- und Kleingartenbereich zugelassen und im Gartenfachhandel erhältlich ist. Zur besseren Wirksamkeit empfehlen wir die Mischung mit einem Netzmittel, etwa „NeoWett“. Neovit ist ein Breitbandfungizid, gegen mehrere Pilzarten anwendbar und kann auch noch nach Auftreten des Schadbildes hilfreich sein, da es die weitere Ausbreitung des Pilzes verhindert. Zudem sollte das Mittel nach 10 Tagen ein zweites Mal ausgebracht werden.

In weiterer Folge sollten Sie den Baum bis spät in den Sommer hinein stärken, indem Sie wöchentlich eine Spritzung mit Schachtelhalmextrakt vornehmen. Dadurch wird die Abwehrkraft des Baumes gestärkt. Schachtelhalmextrakt können Sie selbst zubereiten (eine Anleitung dazu finden Sie in GARTEN+HAUS Mai 2019) oder auch fertig in der Fachgärtnerei erwerben. Zudem vermeiden Sie mit diesen Maßnahmen einen weiteren Befall durch die Monilia-Fruchtfäule (Monilia fructigena), die dann die Früchte befällt und abermals zu einer Sporenverbreitung für die kommende Saison sorgt.

Was sollte ich künftig beachten?

Prinzipiell sollten Sie bei der Pflanzung auf den richtigen Standort achten: warme, geschützte Standorte ohne Staunässe sind ideal. Wenn aber erst mal der Baum steht, ist dieser Ratschlag wenig hilfreich.

Neben den stärkenden Maßnahmen des Baumes sollten im Herbst und Winter Fruchtmumien unbedingt entfernt werden. Das gilt übrigens auch für Bäume in der Nachbarschaft, da es wenig hilfreich ist, Ihren Baum schadfrei zu halten, wenn die Sporen dann aus der Nachbarschaft angeweht werden.

Ist der Baum zu dicht gewachsen, hilft zudem ein Auslichtungsschnitt, damit dieser bei Feuchtigkeit rascher abtrocknen kann.

Eine Spritzung mit biologischen pflanzenstärkenden Mitteln kann nie schaden.

Ganz wichtig: Wenn Ihr Baum heuer bereits arg mitgenommen wurde und kaum Früchte bildet, Sie bereits zahlreiche Äste entfernen mussten und der Baum erst neue bilden muss, müssen Sie unbedingt im kommenden Frühjahr den Blütezeitpunkt im Auge behalten. Bereits mit der Knospenbildung sollten Sie den Baum mit dem Fungizid behandeln und, sobald sich die Blüten öffnen, ebenfalls im Abstand von 5 bis 7 Tagen. Damit vermeiden Sie, dass es zu einem erneuten Pilzeintritt kommt, der dem Baum womöglich erneut zusetzt und ihn derart schwächt, dass er womöglich wirklich nicht mehr zu retten ist.

Übrigens: Die Bekämpfung der Spitzendürre ist bei anderen Obstsorten ähnlich. Bei Kirschen wird allerdings eine Spritzung nicht erst mit der Blüte, sondern bereits mit dem ersten Austrieb der Blätter vorgenommen.