Misteln aus dem eigenen Garten?

Ein Artikel von Christiane Bartal | 20.12.2017 - 14:36
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© Teresa Kasprzycka/Shutterstock

Vor allem in England und Frankreich der Brauch Tradition, Misteln zur Weihnachtszeit in das Haus zu holen. Er stammt noch aus dem vorigen Jahrhundert, bevor der Weihnachtsbaum in Mode kam. Kopfüber ließ man ein Büschel Zweige von der Decke oder vom Türrahmen baumeln. Das sah nicht nur schön aus, sondern ermöglichte auch den jungen Männern, einen Kuss zu erhaschen.

Wenn ein Mädchen unter einem Mistelzweig hindurchging, durfte es jeder küssen, ohne um Erlaubnis zu fragen. Danach sollte der Mann eine Mistelbeere vom Zweig pflücken. Waren die Beeren verbraucht, fand der Spaß ein Ende und am 6. Jänner wurde der Mistelzweig verbrannt. Sittenwächter wollten damit verhindern, dass die Paare, die sich unter dem Mitstelzweig küssten, später heirateten.

Heute werden Mistelzweige wieder gerne als Zimmerschmuck aufgehängt. Um sie möglichst dekorativ zur Geltung zu bringen, steckt man sie in England mit anderen immergrünen Pflanzen zu einem „Mistletoe Ball“. In dieser auch „Kissing Ball“ (Kuss-Kugel) genannten Kugel werden auch Zweige von Efeu, Ilex und Eibe sowie duftende Kräuter verarbeitet. Rote und grüne Bänder halten das Ganze zusammen.

Ein Leben als Halbparasit

In der Natur werden die glitschigen Samen der Misteln über den Vogelkot verbreitet. Junge Zweige im Bereich der Baumkrone sind für eine Neubesiedelung besonders geeignet. Mit einer Haftscheibe verankert sich der keimende Mistelsame zunächst auf der Borke des Baums. Anschließend bohrt sich ein spezielles Saugorgan bis in die saftführenden Schichten der Wirtspflanze.

Diese umgewandelten Wurzeln zapfen das Gewebe des Wirtsbaums an. Die Mistel lebt also parasitisch. Im Gegensatz zu den bleichen Vollparasiten, die ihren Wirtspflanzen Wasser, Mineralien und Nährstoffe entziehen, treibt die Mistel aber grüne Sprosse. Sie kann also Photosynthese betreiben und ihre Nährstoffe selbst herstellen. Aus dem Baum entnimmt sie nur Wasser und Mineralien. Die Weiß-Mistel (Viscum album) lebt also als Halbparasit.

Bei Forstleuten ist die Mistel daher nicht immer gern gesehen. Stark befallene Bäume lassen an Größen- und Dickenzuwachs zu wünschen übrig. Ein massives Aufkommen kann sogar dazu führen, dass einzelne Astpartien oberhalb der Schmarotzerpflanzen nicht mehr genügend Wasser erhalten und vertrocknen. Dabei lassen sich auch mit der Mistel selbst gute Geschäfte machen. Weihnachtsmärkte und der Blumenfachhandel haben die dekorativen Mistelzweige längst für sich entdeckt. Auch Pharma- und Kosmetikindustrie wissen die Schmarotzerpflanze für sich zu nutzen.

Misteln im Garten ansiedeln

Eine Mistel im Garten zu haben, ist schon etwas ganz Besonderes. Gerade im Winter ist sie ein toller Blickfang. Wer einen großen Apfelbaum, eine Weide oder eine Pappel bei sich stehen hat, kann versuchen, eine Mistel bei sich anzusiedeln. Auch Ahorn, Walnuss, Birke und Hainbuche sind gute Mistelbäume.

Für die Aussaat reicht es, einige Mistelbeeren zu sammeln und deren Kerne auf junge Äste des Baumes zu verteilen. Leichter gelingt das Anwachsen, wenn die Rinde unter dem Mistelsamen etwas angeritzt wird. Dann ist Geduld gefragt. Die Keimung selbst dauert etwa ein Jahr. Bis die Mistel dann das erste Mal blüht und Beeren bekommt, vergehen noch einmal fünf Jahre.