Kennen Sie die Menschenfressertomate?

Ein Artikel von GARTEN+HAUS | 17.11.2020 - 15:12
shutterstock_1455528185.jpg

© guentermanaus/Shutterstock.com

Der Name der Menschenfressertomate (Solanum viride), auch Kannibalentomate, Poro Poro oder Boro-dina genannt, ist keine phantasievoll-übertriebene Bezeichnung, sondern war einst Realität. Um das zu verstehen, blicken wir in den Reisebericht des Naturforschers Berthold Seemann.

Aus dem Bericht eines Naturforschers

Solanum_uporo.jpg

Illustration der Menschenfressertomate (1864)

Noch bis in die Mitte des 19. Jh.s gab es auf den Fidschi-Inseln den Brauch des Kannibalismus. Der Reisende, Botaniker und Naturforscher Berthold Seemann (1825 – 1871), der 1860 die Fidschi-Inseln erforschte, veröffentlichte dazu einen Bericht und die Beschreibung einer neuen Pflanzenart.

Seemann schreibt: „Menschenfleisch, das haben mir die Eingeborenen oft versichert, ist sehr schwer zu verdauen. Selbst die Gesunden leiden 2 bis 3 Tage nach dem Verzehr an verdorbenem Magen. Wahrscheinlich, um dem Verdauungsprozess zu Hilfe zu kommen, wird ‚Bokola‘, wie das Menschenfleisch genannt wird, immer mit Gemüse gegessen.
Das sind v. a. die Blätter von Malawaci (Trophis antropophagorum), des Tudauo (Omalantus pedicellatus) und des Boro-dina (Solanum viride). Die ersten beiden sind Bäume, die wild auf der Insel vorkommen. Boro-dina wird kultiviert und wächst zu großen Büschen heran. Die Frucht wird zuweilen als ­Tomatensauce zubereitet. Die Blätter ­aller drei Pflanzen werden um das Menschenfleisch gewickelt und auf heißen Steinen gebacken.“

Kuriosität in botanischen Gärten

Der von Seemann geprägte wissenschaftliche Name Solanum antropophagorum wird nicht mehr verwendet und durch Solanum viride ersetzt. Die Menschenfressertomate hat heute weder kulinarische Bedeutung noch einen Zierwert. Roh schmecken die Früchte unangenehm bitter, was sich durch Kochen etwas mindern lässt. Wegen ihrer ehemaligen Nutzung auf den ­Fidschi-Inseln wird sie heute lediglich häufig als Kuriosität in botanischen Gärten kultiviert.

>> Kennen Sie die Piennolo-Tomaten?
>> Wow, schwarze Tomaten!
>> Warum heißen Tomaten Paradeiser?