Wie die Gefleckte Weinbergschnecke von milden Wintern profitiert

Ein Artikel von Christiane Bartal | 18.09.2023 - 14:50
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Die Gefleckte Weinbergschnecke fällt durch ihr dunkelbraun gemustertes Haus auf. Sie ist etwas kleiner als die heimische Weinbergschnecke und bevorzugt wie diese welke und abgestorbene Pflanzenteile © Donald Watt Photography/Shutterstock

Die Gefleckte Weinbergschnecke (Cornu aspersum) sieht aus wie eine kleinere Schwester der heimischen Weinbergschnecke (Helix pomatia) und trägt ein dunkelbraun gemustertes Schneckenhaus, manchmal mit Längsbändern oder hellen Sprenkeln, aber immer mit einer typisch runzligen Oberfläche. Ihre Heimat ist ursprünglich der Mittelmeerraum, immer öfter wird sie jedoch auch in anderen Teilen Europas und der Welt gesichtet – in Österreich vorzugsweise im wintermilden Osten.

Selbst nach Nordamerika, Südamerika, Australien, Neuseeland und nach Südafrika hat es diese weit verbreitete Landschneckenart durch Verschleppung bereits geschafft. Wo die Winter mild genug sind, gelingt es ihr, sich zu etablieren. Was die sonstigen Lebensraumansprüche betrifft, so ist der Neuling aus dem Süden sehr anpassungsfähig, sodass er in Wäldern, Parks, Gärten, ja sogar in Berg- und Küstenregionen gleichermaßen geeignete Lebensbedingungen findet.

Wenn der starke Frost ausbleibt

Wie ihre Schneckenkollegen ist auch die Gefleckte Weinbergschnecke nur in der Dämmerung und in der Nacht unterwegs, lediglich an regnerischen Tagen kann sie auch tagsüber angetroffen werden. Als Unterschlupf sucht sie bevorzugt Zwischenräume zwischen Mauern und Steinen auf oder zieht sich unter dichtem Pflanzenbewuchs zurück.

Anders als die heimische Weinbergschnecke, die ihr Haus im Winter bzw. bei langer Trockenheit mit einem dicken Kalkdeckel (Epiphragma) verschließt, bildet die Gefleckte Weinbergschnecke nur eine dünne Schleimschicht, die zu einer Art Membran eintrocknet. Das Häutchen schützt zwar vor Austrocknung, aber nicht vor starkem Frost, weshalb die mediterrane Art bei uns eigentlich nicht überleben sollte. Bleiben jedoch tiefe Minusgrade aus oder findet sie ausreichend geschützte Rückzugsmöglichkeiten, sorgen die erfolgreich überwinterten Schnecken für reichlich Nachwuchs.

Die dünne Schleim-Membran hat auch einen Vorteil: Anders als die heimische Weinbergschnecke ist die gefleckte Art, deren Haus zudem dünnschaliger ist, nicht auf kalkreiche Böden angewiesen.

Ein neuer Schädling?

Die bevorzugte Leibspeise der Gefleckten Weinbergschnecke ist eigentlich welkes und abgestorbenes Pflanzenmaterial, seltener stehen frische Pflanzen auf ihrem Speiseplan. Insbesondere im Frühjahr jedoch, wenn Welkes noch rar ist, sowie bei massenhaftem Auftreten, wie es in vergangener Zeit vielerorts zu beobachten ist, macht sie sich häufiger auch über lebende Pflanzen her. Die Gefleckte Weinbergschnecke wird deshalb häufig als Plage angesehen. Ein geringer Trost: Wo die dunkle Gehäuseschnecke auftritt, scheint sich das Vorkommen der gefürchteteren „Nacktschnecken“ zu reduzieren.

Schon gewusst ...?

Die Gefleckte Weinbergschnecke ist eine begehrte Delikatesse – nicht nur in Frankreich, auch in Österreich! So wird sie etwa im Weinviertel als „Pulkautaler Knopf“ vermarktet und kommt, ausgehend von der Schneckenfarm in Rothneusiedl im Süden Wiens, als „Wiener Schnecke“ auf den Teller. Auch im Kärntner Krumpendorf und im Tiroler Ellmau setzen „Feinschnecker“ auf das proteinreiche und nachhaltige Slow-Food-Fleisch dieser Weichtiere.