Mit ein paar kleinen Tricks und den richtigen Sorten schaffen Sie es aber auch außerhalb der Wachau, in Ihrem Garten Marillen zu ziehen, die dem Geschmack der echten Wachauer Marille sehr nahekommen.
Auch wenn wir die Marille so in unser Herz geschlossen haben, kommt die Frucht eigentlich aus der Mandschurei und Nordchina. Die Kultur dieses Obstgehölzes ist in China aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. belegt sowie aus Italien aus dem 1. Jahrtausend n. Chr. Für die Verbreitung nach Europa haben die Heerzüge Alexanders des Großen gesorgt – und die Habsburger sorgten für den österreichischen Namen „Marille“.
Die Reblaus war‘s
Dass die Wachau heute das bekannteste Marillenanbaugebiet der Welt ist, entstand eigentlich aus einer Notsituation heraus. Um 1920 vernichtete die Reblaus viele Weinkulturen und die Winzer mussten sich nach Alternativen umsehen. Mit Marillen hatte man schon gute Erfahrungen gesammelt, immerhin wird sie hier seit rund 2.000 Jahren angebaut. Während dieser Reblausplage wurden die ersten großen Anpflanzungen von „Marillenwäldern“ vorgenommen, sodass 30 Jahre später etwa 1 Mio. Bäume mit einer Ernte von 15 Mio. Kilogramm gezählt werden konnte. Später wurden viele der Plantagen wieder geschliffen und in Weingärten umgewandelt, sodass heute der Bestand auf ein Zehntel geschrumpft ist und jährlich etwa 2 Mio. Kilogramm der edlen Früchte geerntet werden.
Die Gschmackigen
Seit 1996 ist der Name „Wachauer Qualitätsmarille“ eine innerhalb der EU geschützte Ursprungsbezeichnung. Seit 2003 kümmert sich der Verein „Original Wachauer Marille“ um die Vermarktung der Frucht. Das Vereinssiegel dürfen nur Betriebe führen, die Marillen in der Wachau kultivieren und sich verpflichten, die Sorten zu erhalten und Qualität zu produzieren. Achten Sie auf dieses Siegel, denn nicht jeder Marillenverkaufsstand, der in der Wachau aufgebaut ist, verkauft auch Marillen aus der Wachau! Wer dann wirklich einmal die echten Wachauer Marillen gegessen hat, wird den Unterschied zu anderen Marillen leicht erkennen, schließlich hat sich auch die EU damit befasst und in einem Dokument festgehalten: „Die unverwechselbare Qualität der Wachauer Qualitätsmarille ist das Ergebnis des Zusammenspiels von Klima, Boden und jahrhundertelanger Kultivierung. Die Koexistenz verschiedener Klimate (Pannonisches Becken und Waldviertel, Nähe zur Donau – der sogenannte Aromagürtel), zusammen mit den großen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht, speziell in der Reifephase, hat Einfluss auf den typischen Geschmack und das Aroma der Frucht.“ Besondere Bedeutung wurde von den Marillenbauern und im Gebiet ansässigen Marillenbaumschulen auf die Selektion und die Vermehrung der besten Klone der ‘Klosterneuburger Marille’ gelegt, die den größten Bestand bildet. Die Selektionen sind neben den klimatischen Bedingungen und den verwendeten Veredelungsunterlagen der Grund für die besonderen Geschmackseigenschaften.
Juli ist Erntezeit
Die Marillenernte liegt je nach Witterung zwischen Anfang Juli und Anfang August. Haupterntezeit ist um den 15. Juli. Die Ausreifung hängt vor allem vom Wetter ab. Ein heißer und trockener Juni beschleunigt das Ausreifen der Marillen. Sollte es im Juni kalt und regnerisch sein, dann verzögert sich die Reife und damit der Erntebeginn um einige Tage. Heißes trockenes Wetter beschleunigt die Ausreifung und die Ernte beginnt dann einige Tage früher. Unter www.wachauermarille.at können Sie sich über den Erntezeitpunkt informieren. Etwa alle 10 Jahre fällt die Ernte so reich aus, dass die schweren Äste mit Stangen gestützt werden müssen. Das war zuletzt im vergangenen Jahr der Fall. Übrigens kommen die geernteten Früchte nicht in den Handel. Sie werden an Privatkunden verkauft oder sofort verarbeitet.
Warmes Fächerspalier
In der Wachau dominiert als Erziehungsform die Rundkrone mit einer Stammhöhe von 0,60 bis 1,20 m und ausreichender Standweite, die eine gute Belichtung von allen Seiten gewährleistet. Das wirkt sich auf den Geschmack günstig aus und vermindert die Krankheitsanfälligkeit. Wer keinen Weingarten für das entsprechende Klima, aber so viel Platz zur Verfügung hat, sollte es mit einem Fächerspalier an einer südseitig ausgerichteten Wand versuchen. Weil die Marille recht eigenwillig wächst, ist sie für diese Erziehungsform hervorragend geeignet. Außerdem leiden Bäume, die an der Hauswand gezogen werden, weniger an Harzfluss. Auch der Frost, der der sehr frühen Blüte oft zu schaffen macht, erreicht die Blüten an der wärmespeichernden Hauswand kaum. Ein großer Dachüberstand verhindert zudem, dass der mehltauempfindliche Baum feucht wird. Für das Marillenspalier können Sie alle Sorten verwenden. Wichtig ist, dass die Bäume auf nicht zu starkwüchsigen Unterlagen gezogen sind – es sei denn, Sie haben eine sehr große Wand für das Spalier zur Verfügung. Geeignet für ein Spalier ist jede Wand: am Wohnhaus, an der Garage oder an einem Schuppen. Wichtig ist die Himmelsrichtung. Süd- und Südwestrichtung sind am optimalsten, denn nur hier ist es wirklich warm genug.
Das optimale Gerüst
Für Steinobst – und damit auch für die Marille – ist ein Spaliergerüst erforderlich, das fest an der Wand montiert sein muss. Dieses sollte stabil und sauber gebaut werden, denn im Winter, wenn die Obstbäume keine Blätter haben, wird es sichtbar und kann sogar eine Zierde sein. Das Gerüst wird aus gehobelten Latten (4 x 1,5 cm) gebaut, die mit Leinöl imprägniert werden. Verwenden Sie keine giftigen oder aggressiven Holzschutzmittel, sie schaden dem Baum. Längslatten werden im Abstand von 50 cm zuerst auf die Mauer gedübelt. Dabei müssen Sie unbedingt im Abstand von je 1 m ein Holzklötzchen zwischen Wand und Latte legen. Durch dieses Abstandhalten können Sie später die Zweige gut anbinden und das Holz kann nach Regen gut abtrocknen. Auf die Längslatten werden dann im gleichmäßigen Abstand die Querlatten genagelt. Bei kleineren Wänden (etwa an der Garage) können Sie sich die Arbeit leichter machen. Dübeln Sie im Bereich stärkerer Äste Haken in die Wand und binden Sie die Äste daran fest.
Richtiger Schnitt – reiche Ernte
Wenn Marillen der Boden und das Klima nicht behagen, vertragen sie Schnittmaßnahmen nur schlecht und reagieren mit starkem Gummifluss – ein erstes Zeichen für das Absterben des Baumes. Beim Fächerspalier wird der Mitteltrieb nicht abgeschnitten, sondern fast waagrecht zur Seite gebogen und angebunden. Das bewirkt, dass der Trieb nicht mehr weiterwächst, sich aber an der gebogenen Stelle kräftige nach oben wachsende Triebe bilden. Die kräftigsten biegen Sie nun nach der anderen Seite. Wieder bilden sich an der Biegestelle neue nach oben wachsende Triebe. Auf diese Weise können Sie die Wand sehr dicht bedecken. Als Grundregel für den Schnitt gilt: Niemals einkürzen, sondern zu dicht stehende und nach vorne wachsende Triebe direkt am Ast abschneiden. Vergessen Sie nicht, Spalierbäume öfter zu gießen. Dachüberstände halten oft einen Großteil des Regens ab.