Biologie und Auftreten
Das Lilienhähnchen gehört zur Familie der Blattkäfer (Chrysomelidae) und ist auf Pflanzen der Familie der Liliengewächse (Liliaceae) spezialisiert. Anders als seine bekannten Verwandten – etwa der Kartoffelkäfer (Leptinotarsa decemlineata) oder das Spargelhähnchen (Crioceris asparagi) – beschränkt es sich fast ausschließlich auf Zierpflanzen wie Weiße Lilien, Türkenbund, Schachblumen, Maiglöckchen, Salomonssiegel, Kaiserkrone, Zierlauch und Schnittlauch.
Die Tiere überwintern als ausgewachsene Käfer im Boden und werden ab April aktiv. Dann beginnen sie, mithilfe ihres Geruchssinns die Wirtspflanzen aufzuspüren. Bei starkem Befall kann es zur vollständigen Entlaubung oder zur Verhinderung der Blütenbildung kommen. In Mitteleuropa entwickeln sich meist ein bis zwei Generationen pro Jahr. In kühleren Regionen (etwa in den Alpen) bleibt es bei einer Generation, während in südlicheren Gegenden bei warmem Wetter bis zu drei Generationen entstehen können.
Entwicklung und Fortpflanzung
Nach dem Auftauchen im Frühling suchen die Käfer zunächst Futterpflanzen und dann einen Geschlechtspartner. Die Eiablage beginnt bald darauf: Ein Weibchen kann im Laufe seines Lebens bis zu 300 Eier legen. Die kleinen Eipakete mit 4–12 Eiern befinden sich meist auf der Blattunterseite. Anfangs rötlich gefärbt, werden sie später gelb-braun. Innerhalb von ein bis zwei Wochen schlüpfen die Larven.
Die Larven sind auffällig: orange gefärbt, weich und schutzlos – ein gefundenes Fressen für viele Fressfeinde. Um sich zu tarnen, setzen sie auf eine besonders unappetitliche Strategie: Sie bedecken sich mit ihrem eigenen Kot. Die Ausscheidungen werden mit dem After auf dem Rücken abgelegt und bilden eine schleimige, dunkle Hülle. Diese „Kothäufchen“ schützen sie vor Fressfeinden, Austrocknung und sogar kalten Nächten. Nach etwa drei Häutungen und einer Länge von rund 1 cm verpuppen sich die Larven im Boden, wo sie mit einem schaumigen Sekret einen Kokon bauen. Nach 22–23 Tagen schlüpfen die Käfer und beginnen sofort mit der Nahrungsaufnahme – außer sie schlüpfen im Herbst, dann überwintern sie direkt im Boden.
Auffällige Schäden und Erkennung
Erste Anzeichen eines Befalls sind kreisrunde Fraßlöcher in den Blättern, später auch abgefressene ganze Blätter und Blütenknospen. Auffällige schwarze Kotklümpchen an Blatt- und Stängelstümpfen sind ein sicheres Warnsignal. Auch die roten, glänzenden Käfer selbst sind leicht zu erkennen – sie lassen sich bei Gefahr jedoch blitzschnell fallen und stellen sich tot. Dabei rollen sie sich mit der schwarzen Unterseite nach oben und sind so im Erdreich kaum auszumachen.
Schutz und Bekämpfung
Eine chemische Bekämpfung ist oft nicht notwendig und kann sogar schädlich für Bienen und andere Nützlinge sein. Viel wirksamer – besonders im Hausgarten – ist das Absammeln der Käfer von Hand. Dabei sollte man ein Gefäß bereithalten, da sich die Tiere schnell fallen lassen. Die Eier auf der Blattunterseite sollten ebenfalls entfernt werden. Die Larven lassen sich nicht mit Wasser abspritzen, da sie wieder auf die Pflanze klettern. Bei starkem Befall hilft eine Mischung aus Schmierseife und Alkohol, mit der die Pflanzen am Abend besprüht werden können – allerdings nur, wenn keine Bienen mehr unterwegs sind.
Kommunikation durch „Käfergesang“?
Bemerkenswert ist das Verhalten des Lilienhähnchens bei Gefahr: Es erzeugt zirpende Laute im Frequenzbereich von 1 bis 6 kHz. Dazu reibt es die Flügelkanten über gerippte Felder am Hinterleib – eine Art Stridulationsorgan. Der deutsche Name „Hähnchen“ geht vermutlich auf dieses Verhalten zurück. Ob diese Laute lediglich der Feindabwehr oder auch der innerartlichen Kommunikation dienen, ist noch nicht abschließend geklärt. Klar ist jedoch: Das Lilienhähnchen ist nicht nur optisch, sondern auch akustisch auffällig – und für Lilienliebhaber eine echte Herausforderung.
Hier die wichtigsten Phasen im Jahresverlauf:
- Frühjahr (März/April): Die überwinternden erwachsenen Käfer kommen aus ihren Verstecken (z. B. Laub oder Erdritzen) und beginnen, Lilien (Gattung Lilium) und Kaiserkrone (Fritillaria) zu befallen.
- April bis Juni: Eiablage auf der Blattunterseite, nach etwa einer Woche schlüpfen die Larven.
- Mai bis Juli: Larven fressen intensiv, oft mit schleimiger Kot-Hülle bedeckt – typischer Hauptschadzeitraum.
- Sommer (Juli/August): Die Verpuppung erfolgt im Boden. Kurz darauf schlüpfen die neuen Käfer.
- Herbst (September/Oktober): Die Käfer suchen Winterquartiere auf und überwintern als Imagines (erwachsene Tiere).