Obstbaumschnitt: Doch besser im Sommer?

Ein Artikel von Gerald Stiptschitsch | 17.01.2023 - 08:29
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Winter- oder Sommerschnitt? Der Sommerschnitt bringt mehrere Vorteile und sollte dem Winterschnitt vorgezogen werden © sima/Shutterstock

Über den Schnittzeitpunkt scheiden sich die Geister. Prinzipiell sagt man, ist die beste Zeit im Winter, wenn Baum noch nicht in Saft steht – also Jänner und Februar. Bei vielen Obstarten empfiehlt sich aber ein Sommerschnitt, der mehrere Vorteile bringt. Außerdem erfordern einige Erziehungsformen einen zweimaligen Schnitt im Jahr.

Forschungsberichte haben gezeigt, dass es für die meisten Gehölze viel gesünder ist, Mitte Juli bis Mitte September zur Astschere zu greifen. Bei Kirsche, Zwetschke und Pfirsich ist das nichts Neues, bei Äpfel und Birnen kostet es vielen Gärtneren aber noch Überwindung, auf den Sommerschnitt umzusteigen.

Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Jungbäume wachsen schneller heran, weil störende Äste wie Konkurrenztrieb der Baumspitze, Wasserschosse und zu dicht stehende Triebe nicht erst im Winter entfernt werden. Der Saft wird noch im Sommer in die Astpartien geleitet, die zum späteren Gerüst heranwachsen sollen.
  • Weil die überzähligen Triebe im jungen Stadium entfernt werden, bleibt die Wunde kleiner und verheilt rascher. Die Wundverschlussmechanismen des Baumes arbeiten im Sommer optimal, das Risiko, dass Krankheitskeime in die Wunde eindringen können, verringert sich deutlich.
  • Trägt der Baum Früchte, werden diese bis zur Ernte mehr belichtet und bekommen ein besseres Aroma. Außerdem werden die Blütenknospen bei Äpfel und Birnen hauptsächlich im Spätsommer angelegt. Daher darf bei Äpfel und Birnen der Sommerschnitt nicht zu spät erfolgen. Werden die Äste mit mehr Sonnenlicht versorgt, sind mehr Knospen und im nächsten Jahr eine größere Ernte zu erwarten.
  • Wuchskräftige Bäume versucht man durch einen stärkeren Rückschnitt zurückzuhalten. Mit einem Winterschnitt kann man diese Bäume jedoch nicht bremsen, weil dadurch sogar der Baum dazu angeregt wird, im Frühjahr kräftig auszutreiben. Beim Sommerschnitt unterbleibt ein starker Neuaustrieb. Allerdings darf dabei nicht zu früh geschnitten werden – ideal ist Ende Juli.

Sicherlich ist es schwieriger, den Astverlauf an einem belaubten als an einem kahlen Baum im Winter zu erkennen. Doch mit ein wenig Übung gelingt auch das. Bei Steinobst ist der Sommerschnitt ohnehin üblich – wegen der Verbreitung einiger Pilzkrankheiten in den Wintermonaten werden diese Bäume im Winter nicht geschnitten. Sie werden weniger stark, aber regelmäßig geschnitten, um sie in Form zu halten und durch einen sanften Auslichtungsschnitt Licht und Luft in das Innere der Krone zu gewähren. Ein zu starker Schnitt führt außerdem dazu, dass es beim Steinobst zum sogenannten „Gummifluss“ kommt, wodurch es anfällig für Bakterienkrebs wird.

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