Keine Angst vor Blattläusen!

Ein Artikel von Christiane Bartal | 16.05.2023 - 08:41
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Deformierte, eingerollte oder gekräuselte Blätter deuten auf einen Lausbefall hin © darksoul72/Shutterstock

In Mitteleuropa gibt es mehr als 800 verschiedene Blattlaus-Arten. Viele sind auf bestimmte Wirtspflanzen spezialisiert, wie die Große Rosenblattlaus, die Schwarze Holunderblattlaus oder die Grüne Apfelblattlaus. Allen ist gemein, dass sie sich von Pflanzensäften ernähren. Doch nicht etwa der darin enthaltene Zucker ist für sie inte­ressant. Nein, sie haben es auf die Aminosäuren abgesehen, die jedoch nur in geringen Mengen im Pflanzensaft vorkommen. Das bedeutet: Saugen, was geht!

Ein leichter Lausbefall ist für gesunde Pflanzen in der Regel noch nicht problematisch, vor allem dann nicht, wenn es sich lediglich um Zierpflanzen und nicht etwa um Gemüse handelt, das letztlich auf unserem Teller landen soll.

Doch nicht allein die Saugtätigkeit ist lästig für die Wirtspflanzen und uns Gärtner: Blattläuse sind auch Überträger von Viruserkrankungen wie dem Gurkenmosaik-­Virus. Durch den klebrigen Honigtau, den die Läuse absondern, siedeln sich zudem Rußtau- oder Schwärzepilze leichter an. Das sieht nicht nur unschön aus, sondern beeinträchtigt auch die Photosynthese, wodurch die Pflanzen nach und nach geschwächt ­werden.

Warum ist alles so klebrig?

Vom Pflanzensaft, den Blattläuse mit ihrem Saugrüssel aus den Leitbündeln ihrer Wirtspflanze saugen, nehmen sie in erster Linie die darin enthaltenen Aminosäuren auf. Den Großteil des kohlehydratreichen Saftes geben sie als zuckerhaltigen, klebrigen Honigtau ab, den sie in regelmäßigen Abständen einfach in die Gegend spritzen.

Woher kommen die vielen Blattläuse?

Die meisten Blattlaus-Arten überwintern im Eistadium. Aus den überlebenden Eiern schlüpfen im Frühjahr die ersten, stets weiblichen Läuse. Sie werden als „Stammmütter“ bezeichnet, denn sie gründen jene Kolonien, die den Sommer über teils invasionsartig auf den Wirtspflanzen zu finden sind.

Möglich ist diese Massenausbreitung, weil die Fortpflanzung den Sommer über ohne Paarung (mittels Jungfernzeugung) und ohne Eierstadium erfolgt. Die ausschließlich weiblichen Tiere gebären lebendige Klone ihrer selbst. Unter bestimmten Bedingungen werden auch geflügelte Nachkommen produziert: etwa dann, wenn die Kolonie zu groß und das Futter knapp wird. Die ebenfalls flugtauglichen Männchen werden erst wieder im Herbst geboren: Sie befruchten die Weibchen, die dann ihre Wintereier, gut versteckt an Pflanzenteilen und Rinden­ritzen, ablegen.

Tipp: Blattlaus-Stammmütter entfernen

Entfernen Sie im Frühjahr die sog. „Stammmütter“ per Hand oder mit einem Klebeband – damit ersticken Sie eine größere Invasion im Keim. Auch ein scharfer Wasserstrahl hilft. Die flugunfähigen Tiere können nicht einmal Distanzen von 20 cm überwinden, eine Rückkehr ist daher unwahrscheinlich.

Nur keine Panik!

Nur wenige Wochen, nachdem die Pflanzen ihre frischen Blätter und zarten Blütenknospen entfalten, machen sich die ersten Läuseansammlungen bemerkbar – vorzugsweise an den schattigen Blattunterseiten und in der Nähe von Blatt- und Blütenansätzen. Gerade die weichen, frischen Austriebe sind ein Leckerbissen für die Winzlinge.

Im Mai und Juni ist meist der Höhepunkt der „Blattlaus-Invasion“ erreicht. Ein paar warme, trockene Frühsommertage genügen, um die Vermehrung explosionsartig voranzutreiben. Jetzt in Panik zu verfallen, wäre jedoch voreilig, denn es warten schon andere hungrige Gartenbewohner, die es kaum erwarten können, sich über die saftigen Läuse zu stürzen.

Ganz vorne dabei sind Marienkäfer und ihre Larven, Florfliegenlarven, Schwebfliegen und viele andere nützliche Insekten. Jede einzelne Larve vertilgt während ihrer Entwicklungszeit mehrere Hundert Läuse. Besonders hinterlistig beim In-Schach-Halten der Läuse sind Schlupf- und Brackwespen: Sie nutzen Blattläuse als Kinderstube. Dazu stechen sie die Schädlinge an und legen jeweils ein Ei in eine Laus. Die geschlüpften Larven saugen ihr Opfer aus, bis nur mehr eine aufgeblähte, abgestorbene Läuse-Mumie übrig bleibt.

Kluge Gärtner lehnen sich daher zurück und lassen die Natur für sich arbeiten. Im Laufe des Sommers stellt sich in der Regel ein Gleichgewicht zwischen Nahrungsangebot, Läusen und Nützlingen ein. Blattläuse rigoros zu bekämpfen, hätte Folgen für die gesamte Tierwelt im Garten. Denn wo es keine Blattläuse gibt, fehlen auch ihre natürlichen Gegenspieler. Und wer will schon auf Marienkäfer, diese sympathischen Glücksbringer im Garten, verzichten? Oder auf unsere Gartenvögel, die ihre immer hungrigen Jungen u. a. mit Blattläusen füttern?

Ein gewisses Maß an „Schädlingen“ wie Blattläusen gehört zu einem intakten Ökosystem, also auch in einem Naturgarten, schlichtweg dazu. Die nachhaltigere Strategie als das Bekämpfen der Schädlinge ist daher, die natürlichen Fressfeinde der Blattläuse zu fördern, beispielsweise durch viele heimische Blütenpflanzen.

Wenn es einfach zu viele sind ...

... dann bleibt nur noch der Griff zur Sprühflasche. Darin sollte sich jedoch kein chemisches Mittel befinden, sondern eine Öl-Wasser-Emulsion auf Rapsölbasis oder eine Seifenlauge. Der feine Film verstopft die Atmungsorgane der Läuse, sodass diese regelrecht ersticken. Beide Mittel sollten dennoch nur höchstens drei Mal in Folge angewendet werden, denn sie beeinträch­tigen auch den natürlichen Verdunstungsschutz der Blätter. Gerade Jungpflanzen und frische, zarte Blätter können dadurch Schaden nehmen.

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Greifen Sie im Notfall lieber zu biologischen Mitteln. Gegen Blattläuse haben sich u. a. Präparate auf Rapsölbasis sowie Seifenlauge bewährt © CatherineLProd/Shutterstock

Natürliche Mittel gegen Blattläuse

Kräutersud
10 g getrocknetes bzw. 100 g frisches Kraut (z. B. von Oregano, Rainfarn oder Wermut) in 1 l kochend heißem Wasser ca. 20 Minuten ziehen lassen. Abkühlen lassen, abseihen und im Verhältnis 1 : 3 mit Wasser mischen. ­Betroffene Pflanzen tropfnass besprühen. Evtl. nach fünf Tagen wiederholen.

Schwarzer Tee

2 Teebeutel Schwarzen Tee mit 1 l kochendem Wasser übergießen. Mind. 15 Minuten ziehen lassen. Mit einer Sprühflasche die Pflanzen von allen Seiten besprühen.